Startseite

Der mittlere Elsass 

Eben noch in den Vogesen auf windiger Höhe gewesen, befinden wir uns jetzt wieder an der lieblichen Weinstraße. Krasser kann ein Unterschied sowohl landschaftlich als auch klimatisch kaum sein, und gerade das macht den Reiz im Elsass aus: Viel Landschaft und Kultur auf engstem Raum. Wir erreichen Kaysersberg. Zusammen mit Eguisheim, Riquewihr und Ribeauville gehört es mit zu den meist besuchten Weinorten im Elsass. Es

ist noch früh am Vormittag ist, und wir beschließen eine Radtour zu unternehmen. Da unser Bus auf dem komfortablen Stellplatz von Kaysersberg bestens aufgehoben ist und wir uns mit einem zweiten Frühstück gestärkt haben, kann unsere Exkursion durch’s Weinland beginnen. 

Rankender Wein und schöne Dörfer

Dabei leisten uns die beiden Fahrradkarten 

Elsass Süd und Nord recht gute Dienste. Wir hatten sie vor Urlaubsbeginn über den Esterbauer-Verlag bezogen. Auf dem Weg nach Riquewihr, unserem

ersten Etappenziel, durchqueren wir Kientzheim. Das stilvolle Dorfbild vom Marktplatz mit Brunnen liefert uns einen ersten Vorge-     

schmack von dem, was uns auf den nächsten 50 Kilometer erwartet. Vor uns erstreckt sich nun eine hügelige Landschaft mit Weinrebstök- 

ken, die sich bis zum Horizont erstrecken. Die Route, abseits

ke vor uns liegt Riquewihr, das wegen seiner Schönheit zu den beliebtesten Dörfern in Frankreich

solche Orte in der Woche früh am Morgen, noch bevor die zahlreichen Reisebusse eintreffen. Nicht so heute!

müssen nicht nach einem der unverschämt teueren Parkplätze suchen. Schritt um Schritt werden wir von der Menschenmenge an den Marktbuden vorbeigeschoben, flankiert von aller schönstem Fachwerk. Später erreichen wir eines der vier pittoresken Stadttore, durch die  wir den so malerischen Weinort verlassen, der allerdings mit seinen vielen kitschigen Einkaufsläden, den Restaurants und Weinstuben einen sehr großen Teil seines ursprünglichen Flairs verloren hat. Sehr schade!

der Hauptstraße, ist ziemlich schweißtreibend und erfordert  

eine gute Kondition. In einer Sen-

gehört. Trotz Touristenrummel und Kitsch lohnt es sich, hier vorbeizuschauen. Am Besten besucht man

Es ist Freitagnachmittag, und das Wochenende hat begonnen.  Darüber hinaus ist auch noch Markttag. Zum Glück sind wir mit den Rädern unterwegs und

Unverfälschtes Dorfbild in Kientsheim.

Requewihr

Riquewihr gehört mit zu den schönsten Orten in Frankreich. Lauschige Gassen, idyllische Hinterhöfe, interessante Haustüren, urige Weinstuben und Fachwerkhäuser wie aus dem Märchen finden wir hier vor. 

frankreich 1  2004 007
frankreich 1  2004 024

Hinter Riquewihr geht es so steil bergauf, daß wir unsere Räder schieben müssen. Daraufhin folgt der wohl schönste landschaftliche Streckenabschnitt auf unserer Radtour. Unser Weg führt durch welliges Weinbergland. In Hunawihr, wo es übrigens auch eine Storchenzucht gibt, steht eine alte Wehrkirche, die schon wegen ihrer einmaligen Lage fast eine ganze Reise wert ist. Derart idyllisch auf einem kleinen Hügel von einem Friedhof umgeben und inmitten von Weinbergen, liegt kaum ein

anderes elsässisches Gotteshaus. Wir erreichen das kleine Städchen Ribbeauville. Mit seinen über 4500 Einwohnern ist es etwas größer als die anderen Orte in der näheren Umgebung. Wir radeln über die langgezogene Hauptstraße und treffen nach ungefähr der Hälfte auf ein großes Stadttor, den sogenannten Metzgerturm. Jenseits dessen setzt sich das Stadtbild mit seinen urigen Fachwerkhäusern weiter fort als habe die frühere Stadtbefestigung den Ort in der Mitte durchtrennt. Wir fahren an dem Rathausbrunnen vobei, und ich finde  es schade, daß wir heute keinen Pfifferdaj haben, jenes Volksfest im September, wo aus dem Brunnen Wein fließt. Unsere Fahrt geht weiter über die Weinstraße. Nach ein paar Kilometern taucht eine alte Stadtmauer mit Türmen auf. Sie umschließt das sehenswerte Weindorf Bergheim. Dieser Ort   

St. Hippolyte und Rodern. Ich will keinen langweilen, weshalb ich in einem Nebensatz darauf hinweise, daß man auch hier viel Fachwerk und Blumenschmuck bestaunen kann. Auf dem letzten Streckenabschnitt bis nach Kintzheim schweift  unser Blick immer wieder zu den Vogesenhängen herüber, nämlich dorthin, wo die Haut-Koenigsbourg stolz und uneinnehmbar auf einem Hang thront. Ein Besuch dieser Burg gehört zu den Hauptattraktionen im Elsass und steht natürlich auch in unserem Programm, nämlich morgen, wenn wir weiter nach Straßburg fahren. Wir erreichen Kintzheim. Eigentlich wollten wir noch den nah gelegenden Affenberg aufsuchen, wo in einem großen eingezäunten Areal  an die 300 Berberaffen herumtrollen. Darüber hinaus wollten wir auch noch einen Abstecher zur Adlerwarte unternehmen, die in der Burg von Kintzheim untergebracht  ist. Eine Flug vorführung von Adlern und anderen Raubvögeln hätten wir dort bewundern können. Doch ein kurzer Blick auf die Uhr zeigt uns, daß es dafür zu spät ist und wir unsere Rücktour antreten müssen. Und schon geht er los! Etwas unterhalb der Weinstraße zieht sich ein Netz von landwirtschaflichen Wegen durch die Rheinebene. Dank unserer Radkarten finden wir den richtigen Weg, der uns wieder nach Kaysersberg zurückbringt. Dort beenden wir den Tag mit Grillwürstchen, Bier und gutem Wein und lassen noch einmal die vielen Eindrücke Revue passieren.

Romantischer Brunnen in Bergheim.

Idyllischer Winzerhof in Bergheim.

mit wunderschönem Stadttor, imposantener Kirche und einem intakten mittelalterlichen Stadtkern gefällt uns auf Anhieb, nicht zuletzt deswegen, weil er noch richtige Bewohner besitzt und dazu touristisch überraschend wenig verkitscht ist. Ein Grund mehr, in dem urigen, mit Weinreben überrankten und schattigen Winzerhof zu pausieren um die Ruhe bei einem einem großen Glas Gewürztraminer zu genießen. Wir radeln weiter mit dem Ziel Kintzheim. Dabei durchqueren wir die beiden Weindörfer

Einen herrlichen Blick auf Kaysersberg hat man von der Burg aus.

Kaysersberg

Der nächste Tag beginnt mit einem Bummel durch Kaysersberg. Beim touristischen Informati- onsbüro erhalten wir einen Faltplan, auf dem ein Rundgang eingezeichnet ist. Wir beginnen mit dem Aufstieg zur Burg, die früher

durch die Stadtmauer in die Stadt integriert war. Die kurze Anstrengung lohnt sich, denn es gibt kaum einen schöneren Ausblick auf ein mittelalterliches Städtchen wie vom Bergfried dieses Chateau. Wieder unten, schlendern wir durch die Straßen und Gassen der Altstadt mit einer großen Zahl sehenswerter Häuser. Aufgelockert wird das Stadtbild vor allem durch das Flüßchen, welches sich munter durch den Ort schlängelt und foto- graphisch seinen Höhepunkt an der berühmten Weißbrücke mit kleiner Kapelle und Schießschar- ten findet. Auf dem Weg zu unserem Wohnmobil passieren wir noch das Haus, in dem Albert Schweizer geboren wurde, und dann sind wir auch schon wieder “0n the road”. Unser nächstes Ziel ist die Haut-Koenigsbourg, die Burg der Burgen. Hinter Straßburg gilt sie als die bedeutenste Touristenattraktion im Elsass.

Disneyfilmen sieht, bzw. die Ritterburg, mit der wir als Kinder gespielt haben. Damit wir uns in dem gigantischen und verschachtelten Bollwerk aus Mauern, Türmen und Zugbrücken zurechtfinden, benutzen wir den deutschsprachigen Audioführer und erfahren dabei das Ein oder Andere über die Entstehungsgeschichte und Architektur dieser phantastischen Burg und über die Lebensweise der  Menschen, die hier lebten. Auf dem Burgfried, der höchsten Stelle, haben wir eine tolle Aussicht nach allen Seiten hin. Ganz im Hintergrund in der Ebene liegt Straßburg. Bis nach dort wollen wir heute noch, und deswegen sitzen wir auch nach einer halben Stunde wieder in unserem Womo. Die Vogesen wieder herunter fahrend, stossen wir wieder bei Kintzheim auf die liebliche Weinstraße. Dabei durchqueren wir das ein oder andere sehenswerte Weindorf. Doch irgendwann kommt der Zeitpunkt, daß man übersättigt ist und was anderes sehen will als Geranien geschmücktes Fachwerk. Eine echte Alternative dazu wäre zum Beispiel das Beinhaus in Epfig. Dort steht die Ste. Marguerite. Diese aus dem 11. Jahrhundert stammende kleine romanische Margaretenkapelle ist ein Schmuckstück wie aus dem Bilderbuch. Eine typische, zu Land und Leute passende Kapelle mit einer Vorhalle, die an einen Kreuzgang erinnert. In einem Anbau an der Nordseite der Kapelle ist ein Beinhaus untergebracht. Für jedermann sichtbar ist es vollgestopft mit Knochen und Totenschädeln, die man aus dem Friedhof ausgegraben hat. Gegen Herausfallen und Diebstall ist es miteinem Drathgeflecht und zusätzlich mit Gitterstäben geschützt. Einige von den Knochen und Totenschädeln sehen dabei so auffällig aus, daß man auch ohne große gerichtsmedizinische Kenntnisse

Zunächst einmal geht es über die Weinstraße bis nach Bergheim, wo wir ja noch gestern mit dem Fahrrad waren. Von hier aus führt eine Straße hoch zur Koenigsburg. Überfüllte Parkplätze und eine endlos lange Autoschlange am Straßenrand, kündigt ihre Nähe an. Wir haben Glück und fin- den eine Parklücke 200 Meter von der Burg entfernt. Im Schatten gewaltiger Mauern begeben wir uns zum Haupteingang, wo wir noch einmal Schlange stehen müssen. Der Grund warum die Koenigsbourg so populär ist liegt wohl in erster Linie darin, daß sie noch so gut erhalten ist. Sie verkörpert genau das, was wir uns von einer mittelalterlichen Burg vorstellen. Eine Burg, wie man sie in

Im Beinhaus bei Epfig kann man ausgegrabene Totenschädel und Knochen besichtigen.

erahnen kann, daß nicht jeder eines natürlichen Todes  gestorben war. Es ist mittlerweile spät am Nachmittag, und bei uns hat sich eine gewisse Besichtigungsmüdigkeit eingeschlichen. Auf Nebenwegen tuckern wir daher planlos durch die Gegend und lassen sie einfach auf uns einwirken. Bei Andlau ist die Landschaft besonders schön und abwechslungsreich, denn die Ausläufer der bewaldeten Vogesen vermischen sich mit dem lieblichen Weinland. Ein Grund mehr, in den Feldweg einzubiegen, Tisch und Campingstuhl draußen aufzubauen, einen Kaffee zu kochen und die Seele baumeln zu lassen.

Von der Natur so sehr beeindruckt, beschließen wir erst morgen früh Straßburg aufzusuchen. Es geht weiter, und wir halten Ausschau nach einem schönen Stellplatz, wo wir ruhig übernachten können. Die Weinstraße nähert sich in Rosheim dem Ende. Auf dem Weg dorthin passierten wir das Dorf Ottrot. Dorthin begeben wir uns zurück, denn am Ortsrand fiel uns der hübsche Stellplatz auf,den wir nun auch zielstrebig ansteuern. Ein schöner Tag geht allmählich zu Ende!  

Andlau

und Umgebung

Weiter zur nächsten Seite

 

Haut-Koenigsbourg